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Tödliche Teufelsaustreibung wegen Kinderlosigkeit durch Hodscha in Berlin?

Shownotes

Tödliche islamische „Salzwasserkur“ für die Schwangerschaft? Ein Kind wünschten sich Nesma und ihr Mann schon ein paar Jahre lang. Sie hatten es versucht. Aber: als Nesma als 19-jährige aus dem Libanon zu ihrem Mann nach Berlin kam nach der Heirat dort im Jahr 2011, waren dem Ehepaar Kinder noch nicht so wichtig. Wajdi H., Nesmas Mann war als Fünfjähriger mit seinen Eltern aus dem Libanon nach Berlin gekommen. Im Sommerurlaub im Libanon hatte er Nesma kennen- und lieben gelernt. Er war strebsam und: als Diplomingenieur jetzt viel beschäftigt. Nesma, kaum aus ihrer Heimat nach Berlin gekommen, besuchte einen Deutschkurs nach dem anderen, denn: nach dem Abi im Libanon wollte sie jetzt in Deutschland endlich studieren an der Technischen Universität in Berlin. Irgendetwass Technisches am liebsten. Unbedingt. Nur die Eltern von Ehemann Waydi schienen ab und zu etwas sorgenvoll: wurde es noch etwas mit Enkelkindern, nachdem ihr Sohn mit Nesma schon über vier Jahre verheiratet war? Wajdi und seine Ehefrau wohnten in der derselben Straße im Berliner Bezirk Tempelhof, nicht einmal einen Kilometer von den Eltern bzw. Schwiegereltern entferntr entfernt. Ein bürgerliches Viertel mit niedrigen Plattenbauten, viel Grün und: genug Mieterparkplätzen, weit weg von den Landsleuten aus dem Libanon in Kreuzberg und Neukölln.
Das junge Ehepaar nahm seinen Kinderwunsch ernst, auch dabei wollten sie wohl Erfolg haben. Die beiden besuchte Ärzte und machte Termine in einer „Kinderwunschklinik“. Doch nichts deutete auf organische Ursachen hin, warum die Schwangerschaft ausblieb, war die Diagnose der Fachärzte durchweg. Da sollen die Schwiegereltern Nesmas aktiv geworden sein. Sie sollen einen Hodscha um Hilfe gebeten haben, um den ersehnten Kinderwunsch erfüllt zu bekommen von der Schwiegertochter und ihrem Sohn, ermittelte die Berliner Staatsanwaltschaft. Hodscha wird in der Anklageschrift als „islamischer Wunderheiler“ übersetzt. Viele Moscheebesucher sehen einen Hodscha als Helfer des Imam beim Gottesdienst an. Jener Hodscha namens Mazen K., heute 49 Jahre alt, soll zuerst vom Schwiegervater aufgesucht worden sein: seine Schwiegertochter müsse von einem bösen Geist besessen sein, so der Hodscha laut Staatsanwaltschaft, denn sie wurde nicht schwanger. Der böse Geist, der "Teufel", müsse mit der „Salzwasserkur“ ausgetrieben werden“, dann werde sie schwanger. Er kenne das, habe das schon einmal erfolgreich durchgeführt und die Frau sei dann schwanger geworden. Sein lt. Staatsanwaltschaft erteilter verhängnisvoller Rat soll also gewesen sein: Eine „Teufelsaustreibung“ durchzuführen bei der 22-jährigen Nesma M.. Am besten sei die einwöchige „Salzwasserkur“, so der Hodscha laut Ermittlern. Der angeklagte Ehemann Nesma M.s, ihre Schwiegereltern und der auch der Hodscha sollen gemeinschaftlich die schließlich zum qualvollen Tod führende Salzvergiftung der jungen Ehefrau und Schwiegertochter zu verantworten haben. Dann brach der Telefonkontakt zwischen Nesma und ihren im Libanon lebenden Eltern ab, so der Nebenklageanwalt der Eltern der Toten, die ihre Tochter verloren. Eine Woche lang musste Nesma M. Salzwasser trinken, behauptet die Staatsanwaltschaft. Sie lag im Wohnzimmer auf dem Sofa. In der anderthalb-Liter- Plastikflasche war das Salz aufgelöst, dass die junge Frau langsam von innen vergiftete und austrocknen ließ. Ihr Blut wurde dicker, die ohnehin schon verhandene und bekannte Gerinnungsstörung ihres Blutes und ein fiebriger Infekt habe dazu beigetragen, dass der Gesundheitszustand der jungen Frau im ehelichen Wohnzimmer sich schnell verschlechterte, davon sind die Ermittler überzeugt. Ihre Schwiegereltern und und ihr Ehemann, der extra eine Woche Resturlaub genommen hatte, sollen die „Teufelsaustreibung unter wechselnder Aufsicht“ überwacht haben. Der Hodscha soll zeitweise die sogenannte „Salzwasserkur“ begleitet haben mit Gebeten und Lesungen aus dem Koran. Weil der Salzwassermix übel schmeckte, soll Nesma M. sich zuerst geweigert und schließlich nur mit Widerwillen gefügt und getrunken haben. Das Salzwasser trage zur Reinigung ihres Körpers bei, wurde ihr suggeriert, so die Staatsanwaltschaft. Bald schon soll es ihr erkennbar schlecht gegangen sein: Gangunsicherheit beim Aufstehen von der Couch im Wohnszimmer, Verdauungsstörungen und eine lallende Ausprache setzten ein, behauptet die Staatsanwaltschaft, kein Wunder, denn Herz, Gehirn und Nieren seien durch die hohe Natriumdosis täglich mehr geschädigt worden. Als M. die Kräfte mehr und mehr schwanden, sollen Schwiegereltern und Ehemann ihr die Salzwasserflasche an den Mund geführt und ihre Arme dabei festgehalten haben. Blutergüsse sollenfür die Staatsanwaltschaft auf einen gewissen Zwang hindeuten. Insgesamt wurde acht Tage, bis zum Tod der jungen Frau, geheimgehalten, wie die vier Angeklagten versuchten, die „bösen Geister“ aus Nesma M. zu vertreiben. Es wurde kein Arzt geholt, so die Ermittler, selbst als es M. sehr, sehr schlecht ging. Die Prozedur sei nur wirksam, wenn sie geheim bliebe, dieser Überzeugung seien Ehemann, Schwiegereltern und Hodscha gewesen.
Stefan Conen vertritt den angeklagten sogenannten Hodscha, der im Prozess vorerst, mit tief heuntergezogener Kapuze, wie auch die Schwiereltern und der angeklagte Ehemann der Getöteten schweigen wird. Nur einmal soll Besuch zu Nesma M. aus ihrer Familie vorgelassen worden sein in dieser Zeit: ihre Tante, die als einziges Mitglied ihrer Familie in Berlin lebt, soll M. besucht haben ganz zu Beginn der „Teufelsaustreibung“. Raida A. berichtete den Ärzten und Ermittlern, dass ihre Nichte deutlich benommen gewesen sei. Später sei es weder ihr noch den im Libanon lebenden Eltern Nesmas möglich gewesen, sie wenigstens am Telefon zu sprechen. Am 7. Dezember 2015 starb Nesma M. Sie hatte zuletzt ihren Mann und die Schwiegereltern nicht mehr erkannt, war oft gestürzt und musste zur Toilette getragen werden. Zuletzt war sie in einen Dämmerzustand verfallen, davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt. Am Morgen des 7. Dezember sollen ihr Schwiegeeltern oder Ehemann nach gemeinsamen Tatentschluss noch einmal Salzwasser mit mindestens 64 Gramm Salz eingeflösst haben. Da zog die Staatsanwaltschaft Schlussfolgerungen, statt genau zu wissen: die Ermittler nahmen das Köörpergewicht von 64 Kilogramm Nesmas auf ein Meter 68 zu Hilfe: ein Gramm Slz pro Kilogramm Körpergewicht gilt als tödlich. Als muss Nesma M., so die Staatsanwaltscjhaft, über 64 Gramm in Wasser gelöst zu sich genommen haben. Eine reine Vermutung also. M.s Kreislauf brach zusammen, sie wurde bewusstlos. Kurz nach Neun Uhr rief ihr angeklagter Ehemann die Feuerwehr per Notruf. Obwohl der Notarzt bereits vier Minuten später vor Ort war in der Wohnung in Berlin-Tempelhof, konnten die Retter zuerst nur den Atemstillstand feststellen. M.s Ehemann fuhr schließlich mit ins Krankenhaus, soll aber gegenüber den Notfallmedizinern mit keinem Wort die „Salzwasserkur“ erwähnt haben. Zweimal noch wurde M. ins Leben zurück geholt, aber schließlich starb sie am Nachmittag des 7. Dezember 2015 im Krankenhaus an einer Lungenembolie und einem Hirnödem laut Rechtsmedizinern, die nur wegen des jungen Alters der Toten eine Obduktion durchführten. Die Anklage suggiert: der Hoscha war dran schuld, auch wenn Schwiegereltern und Ehemann mitwirkten… Seit 25 Jahren bereits lebten die aus dem Libanon geflüchteten Schwiegereltern Nesma Ms in Deutschland. Ihr Ehemann kam als kleines Kind mit fünf Jahren hierher. Auch der mitangeklagte Hodscha wurde im Libanon geboren, lebt aber ebenfalls schon lange mit seiner Familie in Berlin Neukölln. Dass er als „Hodscha“ und Heiler in der Neuköllner Al-Nur-Moschee bekannt sei, wurde im Strafverfahren ermittelt. Der Schwiegervater Nesma M.s soll dort ebensfalls verkehren und dort Gemeindemitglied sein. In 2020 erschienenen Berliner Verfassungsschutzbericht wird die Al-Nur-Moschee als eine der drei islamischen Gebetshäuser erwähnt, die von Salfisten bevorzugt würden. Ein Viertel der Besucher seien dort salafistisch geprägt. Da auch der Vorstand und die Hauptakteure diesem Spektrum zuzuordnen seien, handele es sich bei dieser Moschee „um eine salafistisch dominierte Einrichtung“. Ob das mit dem tödlichen Geschehen zu tun haben könnte, wird mutmaßlich ebenfalls Gegenstand des Prozesses werden, jedenfalls könnte das von der Staatsanwalt thematisiert werden. In der rechtsmedizinischen Literatur jedenfalls sei die tödliche Teufelsaustreibung mittels Salzwasser ein seltenes Phänomen, so die Staatsanwaltschaft im jetzt verhandelten Berliner Fall. In Frankreich habe es den Fall einer 19-jährigen Muslimin gegeben, deren Familie ihrer „Teufelsaustreibung“ zugestimmt habe. Die junge Frau habe dort nur einen Tag die „Salzwasserkur“ überlebt. 2014 wurden vier Männer aus dem Umfeld einer christlichen evangelischen Sekte zu Freiheitsstrafen von bis zu acht Jahren verurteilt, weil sie eine 19-jährige eine Woche lang hungern ließen und sie regelrecht folterten bei einer „Teufelsaustreibung“. Die katholische Nachrichtenagentur (KNA) meldete im Februar 2018: "Viele Christen glauben nicht mehr an die Existenz des Bösen". Deshalb gebe es zu wenige junge Priester, die bereit seien, "die Lehre und die Praxis der Seelenbefreiung zu lernen" Seit 1994 gibt es eine Internationale Vereinigung der Exorzisten, der nicht nur Priester angehören. 2014 erkannte die vatikanische Kleruskongregation den Zusammenschluss offiziell an. 400 Priester sollen dort aktiv sein. Nach den Richtlinien von 1999 besteht dieser Exorxismus aus Gebeten, Segens- und Beschwörungsformeln. Ein katholoscher Exorzist muss danach sorgfältig überprüfen, ob tatsächlich ein Fall von Besessenheit vorliegt. Gegebenenfalls soll er sich mit Medizinern und Psychiatern beraten. Religiöse Hintegründe jedenfalls sieht, ganz im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft, der Verteidiger des mutmaßlichen Hodscha,Stefan Conen nicht. Die Staatsanwalt tat sich schwer mit der Anklage: im Dezember 2015 starb Nesma M. Schon an dem Tag ihres Todes gab es Hinweise auf die angeklagte Teufelsaustreibung mittel Salzwasser. Trotzdem tat sich jahrelang die Staatsanwaltschaft schwer mit dem, was geschehen war. Erst im Februar 2020 wurde Anklage erhoben, über vier Jahre nach dem Tod der 22-jährigen. Nun ist geplant, noch in diesem Jahr 2020 das Urteil zu sprechen, mutmaßlich wegen der angeklagten gemeinschaftlichen fahrlässigen Körperverletzung mit Todesfolge. Eine jahrelange Haftrafe, aber auch Bewährung sind möglich bei einer Verurteilung. Die Eltern Nesmas haben noch eine zweite Tochter. Die lebt noch als Englischlehrerin in ihrer Heimat. Alle drei warten gemeinsam im Libanon dass die deutche Justiz nach fünf Jahren endlich Recht spricht.

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00:00:00: Musik

00:00:11: Kriminalgericht Moabit: der Podcast!: Gerichtsreporter Ulf Morling berichtet über echte Prozesse mit echten Menschen - von ihm erlebt.

00:00:20:

00:00:32: Ein Kind wünschten

00:00:33: sich Nesma und ihr Mann schon ein paar Jahre lang. Sie hatten es versucht, aber als Nesma als 19-Jährige aus dem Libanon (nach der Heirat im Jahr 2011) zu ihrem Mann nach Berlin kam, , waren dem Ehepaar Kinder noch nicht so wichtig. Wajdi  H., Nesmas Mann, war als Fünfjähriger mit seinen Eltern aus dem Libanon nach Berlin gekommen.

00:00:54: Im Sommerurlaub im Libanon hatte er Nesma kennen- und liebengelernt. Er war strebsam und als Diplom-Ingenieur jetzt viel beschäftigt.

00:01:03: Nesma, kaum aus ihrer Heimat nach Berlin gekommen, besuchte einen Deutschkurs nach dem anderen, denn: nach dem Abi im Libanon wollte sie jetzt in Deutschland

00:01:13: endlich Studieren an der Technischen Universität in Berlin, irgendetwas Technisches am liebsten, unbedingt! Nur die Eltern von Ehemann Wajdi schienen ab

00:01:23: und zu etwas sorgenvoll: Wurde es noch etwas mit dem Enkelkind, nachdem ihr Sohn mit Nesma schon über 4 Jahre verheiratet war?

00:01:31: Waydi und seine Ehefrau wohnten in derselben Straße in Berliner Bezirk Tempelhof, nicht einmal 1 km von den Eltern bzw. Schwiegereltern entfernt.

00:01:42: Ein bürgerliches Viertel mit niedrigen Plattenbauten, viel Grün und: genug Mieterpark-

00:01:47: plätzen, weit weg von den Landsleuten aus dem Libanon in Kreuzberg und Neukölln.

00:01:52: Das junge Ehepaar nahm  seinen Kinderwunsch ernst, auch dabei wollten sie wohl Erfolg haben. Die beiden besuchten Ärzte und machten Termine in einer "Kinderwunschklinik". Doch nichts deutete auf organische Ursachen hin, warum die Schwangerschaft ausblieb, war die Diagnose der Fachärzte

00:02:10: durchweg. Da sollen die Schwiegereltern Nesmas aktiv

00:02:14: geworden seien: Sie sollen einen Hodscha um Hilfe gebeten haben, um den ersehnten Kinderwunsch erfüllt zu bekommen von der Schwiegertochter und ihrem Sohn, ermittelte die Berliner Staatsanwaltschaft.

00:02:26: "Hodscha" wird in der Anklageschrift als "islamischer Wunderheiler" übersetzt.

00:02:31: Viele Moscheebesucher sehen einen Hodscha als Helfer des Imam beim Gottesdienst.

00:02:36: Jener Hodscha namens Mazen K., heute 49 Jahre alt, soll zuerst vom Schwiegervater aufgesucht worden sein: dessen Schwiegertochter müsse von einem bösen Geist

00:02:47: besessen sein, so der Hodscha laut Staatsanwaltschaft, denn: sie sei nicht schwanger! Der böse Geist,

00:02:52: der Teufel, müsse mit einer "Salzwasserkur" ausgetrieben werden. Dann werde sie schwanger. Er kenne das, habe die "Therapie" schon einmal erfolgreich durchgeführt und die Frau sei dann schwanger geworden.

00:03:04: Sein laut Staatsanwaltschaft erteilter verhängnisvoller Rat soll also gewesen sein, eine Teufelsaustreibung durchzuführen bei der 22-jährigen Nesma M..

00:03:14: Am besten sei die einwöchige Salzwasserkur, so der Hodscha laut Ermittlern: Der Angeklagte Ehemann Nesmas,

00:03:21: ihre Schwiegereltern und auch der Hodscha sollen gemeinschaftlich die schließlich zum qualvollen Tod führende Salzwasservergiftung der jungen Ehefrau und Schwiegertochter

00:03:30: zu verantworten haben. Doch zuvor brach der Telefonkontakt zwischen Nesma und ihren im Libanon lebenden Eltern ab, so der Nebenklageanwalt der Eltern der Toten,

00:03:41: die ihre Tochter verloren haben, Roland Weber: "Die Eltern berichteten uns, dass sie bis kurz vor dem

00:03:47: Tod mehr oder minder täglich mit ihrer Tochter in Kontakt standen. Für die Eltern ist es ein unfassbarer Schicksalsschlag. Sie verstehen bis heute nicht,

00:03:56: woran ihre Tochter im Einzelnen gestorben ist und erhoffen sich, entsprechende Sachverhaltsaufklärung durch diesen Prozess.

00:04:03:

00:04:11: Eine Woche lang musste Nesma M. Salzwasser trinken, behauptet

00:04:15: die Staatsanwaltschaft. Sie lag im Wohnzimmer auf dem Sofa, in der anderthalb-Liter-Plastikflasche war das Salz auf

00:04:23: gelöst, das die junge Frau langsam von innen vergiftete und austrocknen ließ. Ihr Blut wurde dicker, die ohnehin schon vorhandene und bekannte Gerinnungsstörung ihres

00:04:33: Blutes und ein fiebriger Infekt habe dazu beigetragen, dass der Gesundheitszustand der jungen Frau im ehelichen Wohnzimmer sich schnell verschlechterte. Davon sind die Ermittler überzeugt.

00:04:44: Ihre Schwiegereltern und ihr Ehemann, der extra eine Woche Resturlaub genommen hatte, sollen die Teufelsaustreibung "unter wechselnder Aufsicht" überwacht haben.

00:04:55: Der Hodscha soll zeitweise die sogenannte "Salzwasserkur" begleitet haben mit Gebeten und Lesungen aus dem Koran.

00:05:03: Weil der Salzwassermix übel schmeckte, soll Nesma M. sich zuerst geweigert und schließlich nur noch mit Widerwillen gefügt und getrunken haben.

00:05:12: Das Salzwasser trage zur Reinigung Ihres Körpers, wurde ihr suggeriert, so die Staatsanwaltschaft. Bald schon soll es ihr erkennbar schlecht gegangen sein:

00:05:21: Gangunsicherheit beim Aufstehen von der Couch im Wohnzimmer, Verdauungsstörungen und eine lallende Aussprache setzten ein, behauptet die Staatsanwaltschaft. Kein Wunder, denn Herz

00:05:33: Gehirn und Nieren seien durch die hohe Natriumdosis täglich geschädigt worden.

00:05:39: Als M. die Kräfte mehr und mehr schwanden, sollen Schwiegereltern und Ehemann ihr die Salzwasserflasche an den Mund geführt und ihre Arme dabei festgehalten haben.

00:05:48: Blutergüsse sollen für die Staatsanwaltschaft auf einen gewissen Zwang hindeuten.

00:05:54: Insgesamt wurden acht Tage bis zum Tod der jungen Frau geheim gehalten, wie die vier Angeklagten angeblich versuchten, die bösen Geister aus Nesma M. zu vertreiben.

00:06:04: Es wurde kein Arzt geholt, so die Ermittler, selbst als M. sehr, sehr schlecht ging.

00:06:09: Die Prozedur sein nur wirksam, wenn sie geheim bliebe. Dieser Überzeugung seien Ehemann, Schwiegereltern und Hodscha gewesen.

00:06:18: Stefan Conen vertritt den Angeklagten sogenannten "Hodscha", der im Prozess vorerst mit tief heruntergezogener Kapuze, wie auch die Schwiegereltern und der angeklagte Ehemann der Getöteten schweigen wird.

00:06:30: Verteidiger Conen: "Ich kann das anhand der Aktenlage - und ich glaube auch nicht, dass die Beweisaufnahme irgendetwas anderes ergeben wird, nicht erkennen,

00:06:38: dass mein Mandant ein geistlich Gelehrter sei, der sich suggeriert habe - da wird er relativ exklusiv von der Staatsanwaltschaft zu einem solchen promoviert -

00:06:48: Die Beweisaufnahme läuft, aber dass er irgendwo als Imam tätig wäre,

00:06:55: ist den Akten überhaupt nicht zu entnehmen. Das Narrativ, was daraus gesprochen wird, ist eines was, meine ich, die Wahrheitsfindung her eher erschwert als rationalisiert.

00:07:04: Musik.

00:07:12: Nur einmal soll Besuch zu Nesma M. aus ihrer Familie vorgelassen worden sein in dieser Zeit. Ihre Tante, die als einziges Mitglied ihrer Familie in Berlin lebt, soll sie besucht haben ganz zu Beginn der

00:07:25: Teufelsaustreibung. Raida A. berichtete den Ärzten und Ermittlern, dass ihre Nichte deutlich benommen gewesen sei. Später sei es wieder ihr noch den im Libanon lebenden Eltern Nesmas möglich gewesen, sie wenigstens am Telefon zu sprechen.

00:07:41: Am 7. Dezember 2015

00:07:44: starb Nesma M.. Sie hatte zuletzt ihren Mann und die Schwiegereltern nicht mehr erkannt,war auf gestürzt und musste zur Toilette getragen werden.

00:07:52: Zuletzt war sie in einen Dämmerzustand verfallen, davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt.

00:07:58: Am Morgen des 7. Dezember sollen ihr Schwiegervater oder Ehemann nach gemeinsamem Tatentschluss noch einmal Salzwasser mit

00:08:05: mindestens 64 Gramm Salz eingeflößt haben. Da zog die Staatsanwaltschaft allerdings eine Schlussfolgerung, statt genau zu wissen, was geschah: Die Ermittler nahmen das Körpergewicht von 64

00:08:17: Kilogramm Nesmas auf

00:08:19: 1,68 m zu Hilfe. Ein Gramm Salz pro Kilogramm Körpergewicht gilt als tödlich. Also muss Nesma M., so die Staatsanwaltschaft, über 64 Gramm Salz, im Wasser gelöst, zu sich genommen haben. Eine reine Vermutung also.

00:08:35: Nesmas Kreislauf brach zusammen. Sie wurde bewusstlos. Kurz nach 9.00 Uhr rief ihr angeklagter Ehemann die Feuerwehr per Notruf. Obwohl der Notarzt bereits vier Minuten später vor Ort war in der Wohnung in Berlin Tempelhof ,konnten die Retter zuerst nur den Atemstillstand feststellen.

00:08:51: M.´s Ehemann fuhr schließlich mit ins Krankenhaus, soll aber gegenüber den Notfallmediziner mit keinem Wort die "Salzwasserkur" erwähnt haben: Zweimal noch wurde M.

00:09:01: ins Leben zurückgeholt, aber schließlich starb sie am Nachmittag des 7. Dezember 2015 im Krankenhaus an einer Lungenembolie und einem

00:09:10: Hirnödem laut Rechtsmedizin. Nur wegen des jungen Alters der Toten wurde eine Obduktion durchgeführt.

00:09:18: Die Anklage suggeriert, der Hodscha war dran schuld, auch wenn Schwiegereltern und Ehemann mitwirkten.

00:09:25: Musik.

00:09:33: Seit 25 Jahren leben die aus dem Libanon geflüchteten Schwiegereltern Nesma M.´s in Deutschland.  Nesmas Ehemann kam als kleines Kind mit fünf  Jahren hierher.

00:09:43: Auch der mitangeklagte Hodscha wurde im Libanon geboren, lebt aber ebenfalls schon lange mit seiner Familie in Berlin - Neukölln.

00:09:51: Dass er als Hodscha und Heiler in der Neuköllner Al-Nur-Moschee bekannt sei, wurde im Strafverfahren ermittelt. Der Schwiegervater Nesma M.´s soll dort

00:10:01: ebenfalls verkehren und Gemeindemitglied sein.

00:10:05: In dem 2020 erschienenen Berliner Verfassungsschutzbericht wird die Al-Nur-Moschee als eine der drei Berliner islamischen Gebetshäuser erwähnt, die von Salafist

00:10:15: bevorzugt würden. Ein Viertel der Besucher sei dort salafistisch geprägt (was nichts über mögliche Gewalttätigkeiten aussage).

00:10:20: Da auch der Vorstand und die Hauptakteure diesem Spektrum zuzuordnen seien, handele es sich bei dieser Moschee um eine salafistisch dominierte Einrichtung, so der Verfassungsschutz.

00:10:32: Ob das mit dem tödlichen Geschehen zu tun haben könnte, wird mutmaßlich

00:10:36: ebenfalls Gegenstand des Prozesses werden. Jedenfalls könnte das von der Staatsanwaltschaft thematisiert werden.

00:10:43: In der rechtsmedizinischen Literatur jedenfalls sei die tödliche Teufelsaustreibung mittels Salzwasser ein seltenes Phänomen,

00:10:51: so die Staatsanwaltschaft im jetzt verhandelten Berliner Fall.

00:10:54: In Frankreich habe es den Fall einer 19-jährigen Muslimin gegeben, deren Familie ihrer "Teufelsaustreibung" zugestimmt habe.

00:11:03: Die junge Frau habe dort nur einen Tag die "Salzwasserkur" überlebt.

00:11:08: 2014 wurden vier Männer aus dem Umfeld einer christlich-evangelischen Sekte zu Freiheitsstrafen von bis zu 8 Jahren verurteilt, weil sie eine 19-jährige eine Woche lang hungern ließen und sie regelrecht folterten bei einer "Teufelsaustreibung".

00:11:23: Die katholische Nachrichtenagentur KNA meldete im Februar 2018: "Viele Christen glauben nicht mehr an die Existenz des

00:11:32: Bösen." Deshalb gebe es zu wenige junge Priester die bereit seien, "die Lehre und die Praxis der Seelenbefreiung zu lernen."

00:11:42: Seit 1994 gibt es eine internationale Vereinigung der Exorzisten der nicht nur Priester angehören 2014 erkannte die vatikanische Kleruskongregation den Zusammenschluss offiziell an. 400

00:11:56: Priester sollen dort aktiv sein. Nach den Richtlinien von 1999 besteht dieser Exorzismus aus Gebeten, Segens- und Beschwörungsformeln.

00:12:06: Ein katholischer Exorzist muss danach sorgfältig überprüfen, ob tatsächlich ein Fall von Besessenheit vorliege, gegebenenfalls soll er sich mit Medizinern und Psychiatern beraten.

00:12:18: Religiöse Hintergründe jedenfalls sieht, ganz im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft, der Verteidiger des mutmaßlichen Hodschas nicht.

00:12:25: Verteidiger Stefan Conen: "Ich kann mir das ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass das irgendeinen religiösen Hintergrund hat.

00:12:32: Es ist auch so, dass nach den Akten zumindest, der Imam der von Ihnen angesprochene Moschee das auch strikt zurückgewiesen hat.

00:12:40: Das hat im Prinzip so wenig mit dem Islam zu tun, wie die Hexenverbrennung mit dem Christentum, glaube ich!"

00:12:48: Musik.

00:12:56: Die Staatsanwaltschaft hat sich schwer mit der Anklage. Im Dezember 2015.

00:13:00: starb Nesma M.. Schon am Tag ihres Todes gab es Hinweise auf die angeklagte Teufelsaustreibung mittels Salzwasser.

00:13:09: Trotzdem tat sich jahrelang die Staatsanwaltschaft schwer mit dem, was geschehen war. Erst im Februar 2020 wurde Anklage erhoben - über vier  Jahre nach dem Tod der 22-jährigen.

00:13:22: Nun ist geplant, noch in diesem Jahr 2020 das Urteil zu sprechen, mutmaßlich

00:13:28: wegen der angeklagten gemeinschaftlichen vorsätzlichen Körperverletzung mit fahrlässiger Todesfolge. Eine jahrelange Haftstrafe, aber auch Bewährung, sind möglich bei einer Verurteilung.

00:13:39: Die Eltern Nesmas haben noch eine zweite Tochter. Sie lebt als Englischlehrerin in ihrer Heimat. Alle drei warten gemeinsam im Libanon darauf, dass die deutsche Justiz nach fünf Jahren endlich Recht spricht.

00:13:53: Nebenklagevertreter Weber: "Die Eltern hatten erhofft, dass dieser Prozess sehr viel zügiger stattfindet. Sie empfinden das als eine sehr belastende Situation:

00:14:04: Über Jahre im Ungewissen zu bleiben, ob ihre Tochter tatsächlich durch die angeklagte Tat zu Tode kam,

00:14:12: oder ob es eine Verkettung unglückseliger Umstände war. Diese Ungewissheit über Jahre hinweg führt zu einer hohen psychischen Belastung,

00:14:21: der die Eltern ausgesetzt sind.

00:14:22:

00:14:39: Kriminalgericht Moabit: der Podcast. Gerichtsreporter Ulf Morling berichtet über echte Prozesse mit echten Menschen ,von ihm erlebt.

00:14:48:

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